Haushalt 2021 der Stadt Ronnenberg - Rede des Fraktionsvorsitzenden Jens Williges in der Ratssitzung

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir beschließen heute mit Unterstützung der Grünen einen Ergebnishaushalt mit Aufwendungen von knapp 60 Mio. € , von denen 4,65 Mio. €, also ca. 8% nicht durch Erträge gedeckt sind.

Dieses Defizit lässt sich vollständig mit den coronabedingten Einschnitten begründen.

Den Antrieb, den Fehlbetrag jetzt vollständig einzusparen, sollte kein verantwortungsbewusster Politiker haben.

Wir sehen auf allen Ebenen, dass z.Zt. mit viel Geld und auch mit neuen Schulden die Wirtschaft und das soziale Leben am Laufen gehalten wird. Dieses ist auch nötig, da ein Zusammenbrechen der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens ein Vielfaches kosten würde. Die hohen Aufwendungen werden auch deshalb getätigt, damit nach Impfung der Bevölkerung die Wirtschaft und der Konsum, wenn auch auch unserer Sicht hoffentlich nachhaltiger, wieder anspringt.

 

Frühestens nächstes Jahr wird sichtbar werden, wie hoch der dauerhafte strukturelle Einschnitt nach Corona am Ende sein wird, ob eine Million, zwei oder vier Millionen.

Dann wird auch klar, welche Summen dauerhaft eingespart oder mehr eingenommen werden müssen.

Wer jetzt die Notwendigkeit von Einsparungen in Höhe von 4,65 Mio. propagiert, handelt nicht sachgerecht und schadet einer ernsthaften Debatte, die nötig ist. Im Beratungslauf des vorliegenden Haushaltes konnte das Defizit um 472.000 Euro u.a. auch aus gemeinsamen Bemühungen und Beschlüssen der Ausschussmitglieder reduziert werden.

Weitergehende konkrete Einsparvorschläge in relevanter Höhe gab es von keiner Seite. Populäre Allgemeinplätze zu diesem Zeitpunkt, dass zu wenig in Ronnenberg gespart werde, verbieten sich damit.

 

Fest steht, dass dieses Jahr und wohl auch in den nächsten beiden Jahren die Kassenkredite nach Jahren der Überschüsse und des Zurückführens wieder ansteigen werden. Das notwendige Ziel, die alten Kassenkredite ganz zurückzuzahlen rückt coronabedingt in weitere Ferne.

 

Das Haushaltsziel für die Zeit nach Corona muss sein, wieder zu ausgeglichenen Ergebnishaushalten zu kommen. Nur dann kann die Stadt die hohen Investitionen, die gerade getätigt werden und die noch anstehen, finanzieren.

Mit anderen Worten, nur bei ausgeglichenen Haushalten werden die Schulden, die die Stadt für Investitionen vorrangig in Schulen und Kitas aufnimmt, getilgt.

Bis 2024 ist für Investitionen immerhin eine Nettoneuverschuldung von 54 Mio. € vorgesehen.

 

Neben hoffentlich wieder steigenden Gewerbesteuereinnahmen nach Corona wird die Stadt auch um eine Dynamisierung der Grundsteuereinnahmen nicht umhinkommen. Im Gegensatz zu der Einkommenssteuer, der Umsatzsteuer und der Gewerbesteuer, die alle bei steigenden Einkommen und bei Inflation mitsteigen, ist die Grundsteuer ein Festbetrag. Seit der letzten Anpassung 2012 sinkt die Grundsteuerbelastung für die Einwohner*innen daher real jedes Jahr.

Bezogen auf die Inflationsrate von 2013 bis heute um 8,4%, bezogen auf das durchschnittliche Einkommen um weitere 10%.

Bei steigenden Löhnen, bei allgemeinen Kostensteigerungen und den drohenden Defiziten, wird Ronnenberg diese reale Senkung der Grundsteuerbelastung nicht lange weiter führen können.

Die CDU hatte im Ausschuss ein 2%ige Erhöhung zunächst beantragt, dann den Antrag aber wieder zurückgezogen. Wegen der coronabedingten finanziellen Belastungen weiter Teile der Bevölkerung haben auch wir dieses Jahr keine Anpassung gefordert.

 

Bei der Gewerbesteuer ist eine Dynamisierung wie beschrieben enthalten. Hier ist es dringend nötig, die geplanten Gewerbeflächen zeitnah zu entwickeln. Neben höherer Gewerbesteuereinnahmen hierdurch brauchen wir auch Entwicklungsflächen für vorhandene Gewerbebetriebe.

 

Es gibt aber auch positive Meldungen. Die Stadt hat das Jahr 2020 trotz Corona ohne finanzielles Defizit abgeschlossen.

Weiterhin positiv ist, dass Ronnenberg dieses trotz der Erfüllung sogenannter freiwilliger Leistungen hinbekommen hat. Hier sind u.a. Mittel für die Drittkräfte in den Kindergärten, die Unterstützung der Vereinsarbeit, die Volkshochschule, die Musikschule, das Sozialberatungszentrum, das Freibad, die Schüler- und Familienhilfe, die Büchereien und die Schulsozialarbeit zu nennen.

Alles Aufwendungen, die, wenn man sie streichen würde, zukünftig weitaus höhere Kosten verursachen würden.

Gerade Corona zeigt, dass das Auseinanderdriften der Gesellschaft eines der drei großen Zukunftsherausforderungen ist und in den Bereichen Soziales und Bildung besonders investiert werden muss. Damit werden diese öffentlichen Leistungen real zu Pflichtaufgaben.

 

Die zweite Herausforderung für die Ratspolitik und die Verwaltung ist der Erhalt der Artenvielfalt in Natur und Landschaft. Das Thema ist eine Überlebensfrage der Spezies Mensch; seiner Lebensgrundlage, Ernährung und Gesundheit. Jede Ebene muss hier seiner Verantwortung gerecht werden. Auch hier gilt, je später Maßnahmen vorgenommen werden, desto teurer wird es für die Steuerzahler*innen. Der Rat hat ein dem Problem angemessenes Maßnahmenprogramm 2021 bis 2024 beschlossen. Es hilft allerdings nur, wenn es auch umgesetzt wird. Hierfür braucht es mehr Menschen und Sachmittel, die auch zunächst als Kosten erscheinen. Auch diese Leistungen sind in der Sache öffentliche Pflichtleistungen.

 

Die dritte Herausforderung, ebenfalls eine Überlebensfrage ist die sich bereits zeigende Klimakatastrophe. Extremwetter, Ernteausfälle, Wassermangel, Flüchtlingsströme sind bereits heute dramatische Folgen, die sich auch in Kosten abbilden. Die Klimaanpassungsmaßnahmen werden umso teurer, je länger man für den Umstieg auf 100 % Erneuerbare Energien benötigt. Diese Kosten werden auch für Ronnenberg große Teile des Haushaltes ausmachen, wenn weiter wie bisher gehandelt wird. Es würde keinen Sinn machen, wenn die Stadt Ronnenberg jedes Jahr 8,5 Mio. für die Kinderbetreuung ausgibt, für den Erhalt der späteren Lebensgrundlagen der Kinder im Bereich Klimaschutz und Artenvielfalt nicht mindestens aber auch eine Million Euro jährlich.

Die mit dem Klimaschutzaktionsprogramm beschlossenen Maßnahmen, u.a. KFW 40 plus Solarpflicht bei Wohn- und Gewerbegebäuden in Neubaugebieten und bis 2030 alle geeigneten Dächern der zur Solarenergienutzung zu nutzen sind notwendige Mindestschritte, die auch konsequent angegangen werden müssen.

 

Neben den laufenden Aufgaben der Stadt und den drei genannten Punkten gibt es auch noch weitere wichtige und zeitintensive Projekte in dieser Stadt. Als Beispiele seien die Ortskernentwicklung Ronnenbergs genannt, für die 10 Millionen Euro bereit stehen, davon 1/3 aus dem städtischen Haushalt, die Schul- und Kitaneubauten, die Bereitstellung von Ganztagsbetreuung und Ganztagsschulangeboten und das Straßenausbauprogramm.

 

Für die Umsetzung all dieser Aufgaben und weiterer zukünftigen braucht man Eines, ausreichend Personal und motivierte Menschen.

Die Mitarbeiter*innen sind die wichtigste Ressource der Stadt, sie sichern die Kinderbetreuung in Coronazeiten, sichern die sozialen und öffentlichen Leistungen, sie organisieren die vielen Neubauten und Unterhaltungsmaßnahmen, sie halten den Betrieb am Laufen mit Personal- und Finanzverwaltung, sie setzen das Maßnahmenprogramm für Natur und Landschaft und das Klimaschutzaktionsprogramm um.

Die Mitarbeiter*innen verdienen Anerkennung. Sie bekommen trotz ständigen Spardrucks zusätzliche Aufgaben. Sie müssen Erwartungen von allen Seiten erfüllen.

 

Das vorhandene Personal zu verunsichern, indem man den Eindruck erweckt, in Ronnenberg gäbe es große Einsparpotentiale, wäre nicht nur ungerecht, es ist auch kontraproduktiv, ebenso wie bei den Fortbildungskosten streichen zu wollen. Die öffentliche Verwaltungen und Einrichtungen haben im Gegenteil das Problem, neues und geeignetes Personal zu finden. Der Arbeitgeber muss eine gute, anerkennende Arbeitsatmosphäre mit Entwicklungsmöglichkeiten schaffen und ausreichend Personal beschäftigen. Sonst sind die Menschen schnell weg oder sie entwickeln keine Leidenschaft bei der Gestaltung der Aufgabenerledigung.

 

Was aber auch wichtig ist, zu erwähnen, die Verwaltungsleitung muss das Personal zur Umsetzung der Ratsbeschlüsse einfordern und in den Haushalt einsetzen. Für die Abwicklung der Neubauten wurde notwendiges zusätzliches Personal eingestellt, für die IT jetzt auch, in den Teams technische Infrastruktur und Ökologie/ Klimaschutz muss das noch folgen.

Das Verschieben der Umsetzung einzelner beschlossener Maßnahmen mit Verweis auf Personalkapazitäten liegt nicht im Ermessen der Verwaltungsspitze, sondern ausschließlich in der Hoheit des Rates.

 

Ja Personal kostet Geld, ja zusätzliches Personal für notwendige Aufgaben kostet mehr Geld, aber nicht in Personal nicht zu investieren, auch in Zeiten defizitärer Haushalte, verspielt die Zukunft und kostet am Ende noch mehr Geld.

 

Bleiben Sie gesund und vielen Dank



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