BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ortsverband Ronnenberg

Haushaltsrede von Jens Williges

Fraktionsvorsitzender der Grünen Ratsfraktion Ronnenberg


Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Damen und Herren,

jedes Jahr stehen wir hier und beklagen die Haushaltssituation der Stadt Ronnenberg und das zu Recht. Die Stadt Ronnenberg ist wie andere Kommunen auch, seit Jahrzehnten massiv strukturell unterfinanziert.

Lediglich durch externe Effekte in Phasen gesamtwirtschaftlicher Ausnahmesituationen, wie bei der ungebremsten Globalisierung, billiger fossiler Energie und bei einer Nullzinsphase konnte die Finanzierung der Aufgaben ohne Defizite gelingen.

Die Welt funktioniert aber nicht mehr mit dauerhaft hohen Wachstumsraten, durchgängigem Frieden und unbegrenzter Verbrennung fossiler Energieträger.

Die Zukunft wird geprägt sein von der Bewältigung der Multikrisen, was noch weit mehr Ausgaben obendrauf erfordern wird.

Was kann man als Kommune und Kommunalpoliter*innen da noch bewirken, frustriert das Handtuch schmeißen, die Gestaltung aufgeben, kommunale Haushalte ablehnen, trotz der Notwendigkeit weiterhin Kitas und Schulen zu unterhalten?

Nein, das ist nicht die Antwort. Die Kommune ist ein zentraler Ort des Entgegenwirkens gegen diese Krisen.

Hier vor Ort muss die Wärmewende und der Umstieg auf Erneuerbare gelingen, um die Klimakatastrophe abzumildern. Wir können nicht weiter, wie ein Kaninchen auf die Schlange starren und abwarten, ob das Golfstromsystem noch in unserer Lebenszeit kollabiert oder erst wenn unsere Kinder so alt wie wir sind. Wenn das passiert und die Wahrscheinlichkeit ist beängstigend hoch genug, um zu handeln, wird dieser Landstrich nicht mehr für viele Menschen bewohnbar sein.
Man würde sich später wundern, warum die Menschen sich zurückgelehnt haben, nachdem sie 10 oder 15 Windrädern zustimmten. Das reicht bei weitem nicht. Zusätzliche klimaschädliche Gase müssen nicht erst 2045 verhindert werden, sondern so schnell wie möglich.

Aber nicht nur dabei kommt es auf die Kommunen an. Bildungseinrichtungen wie Kitas und Schulen müssen so beschaffen sein, dass sie junge Erwachsene hervorbringen, die die Krisen der Zukunft meistern können und Lösungen finden. Hier vor Ort muss die Sozialarbeit stattfinden, damit alle mitgenommen werden. Hier muss die Integration vorangetrieben werden, damit in der Vielfalt ein Zusammenhalt geschaffen wird, der für eine friedliche, demokratische und damit freiheitliche Bewältigung der Herausforderungen nötig sein wird.

Wenn wie bisher die Kommune bei diesen Herausforderungen von der Bundesebene und teils auch von der Landesebene seit Jahrzehnten nicht ausreichend unterstützt wird, sind die Aufgaben zum Scheitern verurteilt.

Die Aufgaben müssen mit einer nachhaltigen Finanzierung erledigt werden, dass heißt mit ausgeglichenen Ergebnishaushalten. Die Höhe der Investitionskredite ist solange kein Problem, solange man die Zinsen und Abschreibungen darauf regelmäßig finanzieren kann.

Wenn die Kommunen, wie auch Ronnenberg dieses aber nicht mehr können und dauerhaft Defizite in ihren Ergebnishaushalten haben, heiß das nichts anderes, als dass wir über unsere Verhältnisse auf Kosten der kommenden Generationen leben.
Damit hinterlassen wir unseren Kindern nicht nur die von uns gemachten Großkrisen wie die Folgen des Klimawandels, der Migration und das Artensterben. Nein wir hinterlassen ihnen auch noch einen Investitionsstau bei der Infrastruktur und einen nicht finanzierbaren Schuldenberg in den Kommunen.

Der Bund hat als einzige staatliche Ebene die relevanten Möglichkeiten der Umverteilung hin zu Investitionen, zum Bürokratieabbau und damit Aufgabenreduzierung bei den Kommunen und zur stärkeren Heranziehung starker Schultern.
Der Bund kann die Steuerhinterziehung und Geldwäsche bekämpfen. Geld wäre also auch jenseits einer Aufhebung der Schuldenbremse vorhanden.

In dieser Situation werden auf Bundesebene statt dessen auch noch Gesetze zu Lasten der Kommunen ohne Kompensation beschlossen, die Einkommenssteuersenkung mit einer Mio. weniger für Ronnenberg, jetzt das Wachstumschancengesetz, demnächst wohl noch eine rechtlich nicht notwendige Erhöhung des Steuerfreibetrags für alle Kinder, von der die Leute am meisten profitieren, die es nicht brauchen.

Aber wie am Anfang gesagt, Kopf in den Sand stecken und sich der Gestaltung verweigern, ist nicht Aufgabe der Politik. Wir sind in der Verantwortung das Beste daraus zu machen.

Um die Nachhaltigkeit bei den Bildungseinrichtungen nicht aus dem Auge zu lassen, bauen wir Schulen, die modernen Anforderungen entsprechen. Mehr Lehrer*innen ausbilden können wir aber nicht. Wir bauen die Kinderbetreuung aus und versuchen die Arbeitsbedingungen durch Drittkraft und Abwaschkräfte zu verbessern. Mehr Erzieher*innen können wir uns aber nicht backen.
Wir leisten uns freiwillige Leistungen bei der Schulsozialarbeit, bei der Jugendarbeit, bei der Seniorenbetreuung. Aber auch hier reicht das, wenn man nach draußen schaut,  für den Zusammenhalt, für eine gelungene Integration und Inklusion nicht aus.

Wir investieren in energetische Sanierungen, PV Anlagen und laufen auch trotz kommender Windräder bei der Dekarbonisierung der Zeit dreißig Jahre hinterher.

Wir stellen wegen der Haushaltsdefizite keine Anträge, die das Defizit erhöhen würden, im Gegenteil wir reduzieren und verschieben Ausgaben; bei einem Kitaneubau in Benthe, bei einem Spielplatz in Empelde, bei einer Skateranlage in Weetzen und drängen die Verwaltung eine weitere dreiviertel Million im Haushalt zu streichen und zu strecken.

Es gab darüberhinaus von niemanden weitere Anträge, im Haushalt 2024 zu kürzen. Es gibt daher auch keinen Grund, diesem Haushalt nicht zuzustimmen.

Teilweise im Raum stehende oder frühere Vorschläge, etwa 20.000 Euro bei den Büchereien zu sparen oder jetzt 35.000 Euro für eine halbe Stelle im Bereich der Bildungsarbeit beim Stadtarchiv, verändern die Situation des Haushalts nicht wesentlich, wären in der Sache auf Sicht unwirtschaftlich. Die neuen Kräfte für die Überwachung des ruhenden Verkehrs konnten sich zumindest jetzt selbst aus den Bußgeldern finanzieren.

Die demokratischen Parteien haben gemeinsam mit der Zielvereinbarung, die für die Bedarfszuweisung nötig war, gezeigt, dass sie, auch wenn es politisch weh tut, handlungsfähig   sind und verantwortungsbewusst mit der finanziellen Lage Ronnenbergs umgehen.
Dieses haben die demokratischen Parteien auch bei den Beratungen zu diesem Haushalt und mit ihrer Zurückhaltung neuer Wünsche gezeigt.
Anders als auf der großen Bühne sind die demokratischen Parteien in Ronnenberg bisher bei den Haushaltsberatungen auch nicht dem Populismus verfallen, der Teile der Gesellschaft nur weiter vom demokratischen freiheitlichen System entfernt. Dieses möchte ich ausdrücklich anerkennend hervorheben.

Man kann natürlich den Haushalt wegen des zwar reduzierten, aber immer noch zu hohen verbliebenen Defizits ablehnen, auch wenn man keine Änderungen zur Reduzierung beantragt.
Die Stadt braucht neues Personal für die Bearbeitung von Wohngeldanträgen, einen Elektriker und einen Installateur. Diese beiden sind auch wirtschaftlicher, als jede Kleinarbeit fremd zu vergeben. Alle Kostensteigerungen im Vergleich zu den Planungen aus dem letzten Jahr für 2024 sind nachvollziehbar dargelegt und sind nicht in neuen freiwilligen Leistungen oder dem Aufblähen von Verwaltung geschuldet. Trotzdem hat die Steigerung uns alle überrascht, auch weil die Stadt die 3 Mio. Bedarfszuweisung zusätzlich erhalten hat. Wir haben wie beschrieben soweit es ging gegengesteuert.
Der positive Effekt daraus ist, das das Defizit trotz der Kostensteigerung zumindest eine halbe Mio. unter dem geplanten Minus des Vorjahres liegt.

Die Stadt braucht einen beschlossenen Haushalt, sie muss die Schulen weiter bauen, die Erzieher*innen bezahlen, die Schutzanzüge für die Feuerwehr bestellen, u.s.w.. Das alles kann nicht warten.
Diese Verantwortung muss jemand übernehmen. Es können sich nicht alle wegducken.

Wenn wir alle weiter an Möglichkeiten der besseren Finanzlage der Stadt arbeiten wollen., wovon ich ausgehe, kann man dieses auch mit einem beschlossenem Haushalt.
Jede Maßnahme, jede Neueinstellung kann im laufenden Jahr einer erneuten genaueren Prüfung unterzogen werden und wenn es wirtschaftliche Alternativen gibt, können diese wie bisher auch gemeinsam beschlossen werden.

Das Grundproblem der mangelhaften kommunalen Finanzausstattung können wir hier in Ronnenberg nicht lösen, nur möglichst verantwortungsvoll für eine nachhaltige Zukunft damit umgehen.
Zur Unterstützung der Forderung nach einer besseren kommunalen Finanzausstattung sind alle aufgerufen, nicht nur die Ratspolitiker*innen.
Wir geben nicht auf und stimmen dem Haushalt zu,
Vielen Dank

 



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